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18. Die Lehren des Loddfafnir aus der Edda von Felix Genzmer

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18. Die Lehren des Loddfafnir aus der Edda von Felix Genzmer Empty 18. Die Lehren des Loddfafnir aus der Edda von Felix Genzmer

Beitrag  Magiccircle Do Sep 27, 2012 9:00 pm

Ob dieses zweite Sittengedicht noch auf die Rechnung des Heidentums kommt? Jedenfalls fehlt ihm das Herb- Altertümliche des vorigen.
hier tritt der Sprecher klarer hervor und wendet sich an eine einzelnen Hörer: nach Str. 21 ff. einen jüngeren Hofbauer, dem Gastfreundschaft und Achtung vorm Alter obliegt. Sein Name, Lodfafnir, enthält eine uns unbekannte Anspielung. Ein paarmal kommen Lebenslagen, die das größere Gedicht übergeht: wir hören von Frauen und vom Königshof, von Handwerk und Schlacht.
Der vorige Dichter ist mehr Betrachter, dieser zweite mehr Ermahner. Manche seiner Vorschriften haben eine ernste altruistische Haltung, die dem andern abgeht, und die Zartheit von Str. 15 f. ist den Freundschaftslehren des ersten Weisen fern.

Heusler


1:
Ich rate dir, Loddfafnir -
den Rat nimm an!
er nützt dir, vernimmst du ihn;
er frommt dir, befolgst du ihn -:
auf Fels und Föhrde,
wenn du fahre willst,
nimm dir Mundvorrat mit!

2:
Ich rate dir, Loddfafnir -
den Rat nimm an!
Er nützt dir, vernimmst du ihn;
er frommt dir, befolgst du ihn -:
achtsam sei,
doch nicht überachtsam;
beim Äl sei am achtsamsten!

3:
Ich rate dir Loddfafnir -
den Rat nimm an!
Er nützt dir, vernimmst du ihn;
er frommt dir, befolgst du ihn -:
wenn du Bier trinkst,
nimm des Bodens Kraft!
Wider Äl ist Erde gut.

4:
Ich rate dir, Loddfafnir -
den Rat nimm an!
Er nützt dir, vernimmst du ihn;
er frommt dir, befolgst du ihn -:
steh nachts nicht auf,
musst du nicht aus auf Kundschaft
oder ein Örtchen aufsuchen.

5:
Ich rate dir Loddfafnir -
den Rat nimm an!
Er nützt dir, vernimmst du ihn;
er froommt dir befollgst du ihn -:
nicht Schuhmacher sei
noch Schaftmacher,
es sei denn für dich selbst!
Ist schlecht der Schuh
oder schief der Speer,
nicht dankt man dir's dann.

6:
Ich rate dir, Loddfafnir -
den Rat nimm an!
Er nützt dir, vernimmst du ihn;
er frommt dir, befolgst du ihn -:
nimmer schau in der Schlacht nach oben,
daß Dich kein Zauber bezwingt.

7:
Ich rate dir, Loddfafnir -
den Rat nimm an!
Er nützt dir, vernimmst du ihn;
er frommt dir. befolgst du ihn -:
bei der Zauberfrau
solltest du nicht zärtlich schlafen,
daß sie dich immer umarmt.

8:
Sie wünscht dir an, daß du weder zum Thing
noch zum Königshof kommst,
dir mundet kein Mahl
noch Mannesfreude,
du gehst schlafen voll Schmerz.

9: Ich rate dir, Loddfafnir -
den Rat nimm an!
Er nützt die vernimmst du ihn;
er frommt dir befolgst du ihn:
zum Liebesumgang
verleite ihn
des andern Eheweib!

10:
Ich rate dir, Loddfafnir -
den Rat nimm an!
Er nützt dir, vernimmst du ihn;
er frommt dir, befolgst du ihn -:
willst du wackre Maid
zu Minne bereden
und begehrst du Gunst von ihr,
verheiß ihr holdes
undhalt dein Wort!
Nie wird schönes verschmäht

11:
Kosten sah ich,
den Kopf einem Manne
falsches Frauenwort,
tückische Zunge
hat ihm den Tod gebracht
und unwahre Anschuldigung

12:
Ich rate dir, Loddfafnir -
den Rat nimm an!
Er nützt dir, vernimmst du ihn;
er frommt dir, befolgst du ihn -:
wackern Mann
erwirb dich als Freund,
im Leben mach dich beliebt!
Denn ein wackrer Mann
kann gewinnen dir
Beliebtheit durch sein Lob.

13:
Ich rate dir, Loddfafnir -
den Rat nimm an!
Er nützt dir, vernimmst du ihn;
er frommt dir, befolgst du ihn -:
hast du einen Freund,
dem du fest vertraust,
geh oft ihn aufzusuchen!
Denn Gesträuch wächst
und starkes Gras
auf dem Weg den kein Wandrer geht.



14:
Ich rate dir, Loddfafnir -
den Rat nimm an!
Er nützt dir, vernimmst du ihn;
er frommt dir, befolgst du ihn -:
hast du einen Freund,
dem du fest vertraust,
geh oft, ihn aufzusuchen!
Denn Gesträuch wächst
und starkes Gras
auf dem Weg den kein Wandrer geht

15:
Ich rate dir, Loddfafnir -
den Rat nimm an!
er nützt dir, vernimmst du ihn;
er frommt dir, befolgst du ihn -:
deinem Freunde
sollst die Freundschaft du
nie zuerst aufsagen;
Kummer quält dich,
wenn du keinen hast,
dein Innres auszuschütten.

16:
Das ist echte Freundschaft,
kann mit dem andern sagen
all sein Inneres;
kein wahrer Freund ist,
wer nur Erwünschtes sagt,
am gefährlichsten Falschheit ist.

17:Ich rate dir, Loddfafnir - den Rat nimm an!
Er nützt dir, vernimmst du ihn;
er frommt dir, befolgst du ihn -:
Worte wechseln
sollst du wahrlich nicht
mit törichtem Tropf.

18:
Ich rate dir, Loddfafnir -
den Rat nimm an!
Er nützt dir, vernimmst du ihn;
er frommt dir, befogst du ihn:
Scheltworte tauschen
sollst du mit Schlechterem nie:
oft bleibt der Bessere,
wenn der Schlechtere schlägt.

19:
Ich rate dir, Loddfafnir -
den Rat nimm an!
Er nützt dir, vernimmst du ihn;
er frommt dir, befolgst du ihn -:
geschieht dier Schaden,
sprich es als Schaden an,
gib nicht Frieden dem Feind.

20:
Ich rate dir, Loddfafnir -
den Rat nimm an!
Er nützt dir, vernimmst du ihn;
er frommt dir, befolgst du ihn -:
freue dich
am Frevel nie,
strebe gern dem Guten nach.

21:
Ich rate dir, Loddfafnir -
den Rat nimm an!
er nützt dir, vernimmst du ihn;
er frommt dir, befolgst du ihn-:
Hohn und Spott
habe niemals
mit dem Fremdling und Fahrenden.

22:
Oft ahnen nicht,
die innen sitzen,
welcher Art der Ankömmling,
so trefflich ist keiner,
daß kein Tadel hafte,
und zu etwas sind alle gut.

23:
Ich rate dir, Loddfafnir -
den Rat nimm an!
Er nützt dir, vernimmst du ihn;
er frommt dir, befolgst du ihn -;
nicht schilt den Fremdling,
treib ihn nicht fort ans Tor,
sei hilfreich den hungernden.

24:
Stark sei die Tür,
soll sie stets sich drehen,
allen sich aufzutun:
gib einen Ring,
sonst ruft man dir
alles Böse herbei!

25:
Ich rate dir, Loddfafnir -
den Rat nimm an!
Er nützt dir, vernimmst du ihn;
er frommt dir, befolgst du ihn -:
des grauen Sprechers
spotte niemals:
gut ist oft Greisenwort.


Anmerkungen:

Die oben hergestellte Ordnung der Strophen egibt diese Gruppen: Vorsicht auf der Reise, beim Trunk, beim Nachtlager, im Handwerk und in der Schlacht (1 - 6); das Verhalten zu Frauen (7 - 11); Pflege der Freundschaft, die Wahl des Umgangs (12 - 20); die Behandlung des Fremden (21 - 25). 4 (2) Die >Örtchen< lagen außerhalb der Wohngebäude. 5 Die Lehre weist auf Zustände, wo das Handwerk noch nicht zum Gewerbe geworden ist. 16 Eigentlich >das ist wahre Mischung der Bruderschaft< - im Hinblick auf die äußere Förmlichkeit, die Mischung des Blutes zwischen Schwurbrüdern. 21 (7) Der >Fahrende< ist einfach der Wanderer, der über das Land Ziehende: die Fahrenden im altdeutschen Sinne, d.h. die Spielleute, sind der Welt der Edda vollkommen unbekannt.24 Eine im Urtext schwierige Strophe. Nach der obigen Übertragung ist der Sinn: unbegrenzte Gastfreiheit kann bedenklich werden; aber finde wenigstens die Einlaßsuchenden mit einem Geschenk ab. 25 (5) Des alten Weisen, Spruchkundigen. Man ahnt den Dichter selbst dahinter.

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